Rede zum Haushaltsplan 2025 – Freie Wählergemeinschaft Wetzlar
Nach sechs Reden der unterschiedlichsten Parteien mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten sollte man meinen, dass alles gesagt sei. Doch ich möchte die Kernaussagen des Haushaltsplanes der Stadt Wetzlar auch aus Sicht der FWG beleuchten. Dies allerdings in kurzer Form, ohne meine Aussagen mit Zahlen zu überfachten, denn es stehen bestimmt noch zwei weitere Reden aus. Kommen wir nun aber zurück zum zentralen Thema unserer heutigen Tagesordnung – dem Haushaltsplan.
Ein Haushaltsplan ist nicht nur eine Ansammlung von Zahlen und Daten; er ist ein Spiegelbild unserer Prioritäten, unserer Werte und unserer Vision für die Zukunft. Er zeigt, wofür wir uns als mitregierende Fraktion einsetzen, um das Leben in Wetzlar zu verbessern und um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Aufbauen können wir auf eine gute Basis, die wir uns in den zurückliegenden Jahren geschaffen haben. Die uns, trotz immer schwerer werdender Lage und vielen Herausforderungen, viele wichtige Projekte angehen ließ. Allen voran den Neubau des Hauptstützpunktes der Feuerwehr, aber auch viele Sanierungsmaßnahmen im Straßen und Tiefbaubereich, ergänzt durch die Entwicklung von Bauland und dem Ausbau der KITAs. Schon an dem Wachstum der Bevölkerung in den letzten Jahren, wenn auch mit unveränderter Altersverteilung, kann man erkennen, dass unsere Stadt attraktiv ist. Sie muss weiterhin die Möglichkeit für die Menschen bieten hier nicht nur einfach zu wohnen, sondern gut zu leben, arbeitsnah und mit einer vielfältigen Infrastruktur über alle Bereiche hinweg. Dies sollten wir nicht durch überzogene Forderungen oder reißerische Wünsche verspielen. Unnötig Schulden zu machen ist sehr gefährlich und kann zu einer erzwungenen Kürzung des Haushalts durch die übergeordnete Behörde und damit vor allem zu einer deutlichen Kürzung unserer freiwilligen Leistungen führen. Eine Kürzung, die u.a. den recht hohen Standard bei unseren eigenen Förderprogrammen deutlich schmälert und keinen Spielraum mehr für zukunftsfähige Visionen bietet. Denn wer auf der einen Seite Geld ausgibt, muss auf der anderen Seite auch angeben, wo Geld herkommen soll.
Unser Haushalt ist durch die Auflagen und Vorgaben der regierenden Parteien, vom Bund bis hinunter in den Kreis, schon sehr belastet. Allein die Umlagen, wie Schul-, Kreis-, Gewerbesteuer- und Heimatumlage, belaufen sich auf über 55 Mio. €. Eine Steigerung um 10% und es ist noch kein Ende absehbar. Dagegen können wir aber nur 4 Mio. € in unsere freiwilligen Leistungen investieren. Und das auch nur dank der angestiegenen Gewerbesteuereinnahmen, welche jedoch starken Schwankungen unterliegen und sich unter ungünstigen Bedingungen reduzieren könnten. Hinzu kommen die Pflichtaufgaben. Aufgaben, die wir selbstverständlich gerne übernehmen, die aber auch fest in den Haushaltsplan eingeplant werden müssen. Allein an dem auf der heutigen Tagesordnung stehenden Punkt 10 kann man erkennen, wie schnell und unplanmäßig sich diese Pflichtausgaben noch zum Jahresende erhöhen können. Denn in diesem TOP werden wir hoffentlich mehr als 800.000 € bewilligen können, um Gelder für die Kinder- und Familienhilfe freizugeben, auch ohne Unterstützung von anderen Stellen. Wie sich die Einnahmen durch die Gewerbesteuern und die Einkommenssteuer allerdings in 2025 entwickeln, kann man nur prognostizieren. Gerade deshalb werden wir, als mitregierende Fraktion, darauf achten, dass die Mittel sinnvoll ausgegeben werden, dass sinnvolle Projekte, wie die Sanierung weiterer Feuerwehrstützpunkte in den Ortsteilen, vorangetrieben werden und dass unsere stadtnahen Betriebe sich weiterhin zum Wohle aller Bürger engagieren, wie z.B. die WWG im sozialverträglichen Wohnungsbau. Die verdiente Steigerung im Bereich der Personalkosten könnte fast 6 Mio. betragen. Die Preissteigerung im Bau und Energiebereich fordern uns weiterhin, sodass wir leider nicht aus dem Vollen schöpfen können und nicht jedem Wunsch entsprochen werden kann.
Wir müssen mit unseren Mittel verantwortungsbewusst umgehen. Ist es doch ein Leichtes über Haushaltsanträge Forderungen zu stellen, ohne nach dem gesamten Haushaltsplan zu schauen oder sogar die Bewertungskriterien der Stadt zu berücksichtigen.
Basierend auf den Meinungen aus der Bevölkerung und unseren Erfahrungen, sowie dem zur Verfügung stehenden Geld, werden wir, die Freie Wählergemeinschaft, auch in diesem Jahr vier zentrale Bereiche besonders im Blick haben. Diese sind
- die Infrastruktur, für ein Leben in einer lebenswürdigen Umgebung
- die Bildung, als Grundlage für Chancengleichheit und Wachstum
- die Teilhabe an Kultur und Sport, für eine intakte Gesellschaft
- und vor allem die Grundlagen für ein starkes und vielseitig aufgestelltes Gewerbe mit guten Arbeitsbedingungen, von dessen Einnahmen sowohl mit der Gewerbesteuer als auch Einkommenssteuer wir „Wünsche“ erfüllen können.
Kommen wir zuerst zur Infrastruktur bei der wir den Menschen in den Vordergrund stellen. Wir werden in dem kommenden Jahr nochmals ca. 5 Mio. € mehr investieren.
- mit dem Ausbau und der Instandhaltung unserer Brücken, wie der Bahnhofsbrücke
- der Straßenunterhaltung einschließlich der Kanäle, wie in der Weiherstraße oder in Blasbach in der Anna Gasse
- nicht zu vergessen die Straßensanierungen in Dalheim, sowie die Entwicklung der „Neuen Mitte Dalheims“
- dem Stadtumbau West mit der Lahnpromenade
- dem Bau der Feuerwehren in Dutenhofen und Garbenheim
- daneben noch der Lahnstieg in Naunheim
- in der Hausertorstraße, am Karl-Kellner Ring sowie am neuen Freibad Domblick werden weitere Radwege entstehen. An den Domhöfen sogar eins der ersten Fahrradparkhäuser.
Eine lange Liste an neuen, wichtigen und interessanten Maßnahmen. Denn ein gut funktionierendes Verkehrssystem dient nicht nur der Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger, es unterstützt die Wirtschaft, als eine unserer Haupteinnahmequellen. Eine kontinuierliche Erneuerung des Leitungssystems, teilweise in Koordination mit der enwag, ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Daran darf nicht gespart werden, obwohl man zeitweise das Gefühlt hat, ganz Wetzlar wird aufgegraben.
Zu einer guten Infrastruktur gehört für mich auch die Schaffung von Wohnraum und Gewerbeflächen. Wohnraum, der bezahlbar ist, und Gewerbeflächen, die sich vielfältig entwickeln und gut zu erreichen sind.
Hinzukommt die Unterhaltung der Grünflächen und des Forstbetriebs. Denn Wetzlar ist mit 75,7 qkm Wald- und Grünfläche eine grüne Stadt und hat mit der Lahn einen weiteren Pluspunkt. Das wollen und werden wir zeigen und auch unseren Gästen erlebbar machen. So z.B. durch den Erhalt unserer Naherholungsgebiete aber auch mit dem neuen Naturbad direkt an der Lahn und der Verstetigung des Biergartens in der Colchester-Anlage
Das Eine ergänzt das Andere. Menschen siedeln sich dort an, wo attraktives Gewerbe ist und sie sich wohl fühlen. Einnahmen durch Steuern sichern unseren Wohlstand und damit unsere Zukunft und das Miteinander. Ein vitales Leben im urbanen Raum ist dafür die Grundlage.
Punkt 2, die Bildung: Hier setzen wir nicht nur mit modernen KITAS und Jugendzentren auf eine Versorgung, sondern auch auf ein attraktives Angebot mit engagierten Mitwirkenden. Unseren Museen, die Musikschule, die VHS fördern wir, um die Bildungslandschaft in unserer Stadt zu erweitern und das vorhandene Schulangebot vielfältiger und attraktiv zu ergänzen - was uns vor allem in Anbetracht des „Herrenberg“-Urteils einiges mehr kostet.
Wir sorgen mit guten Anbindungen und baubegleitenden Maßnahmen, wie z.B. jetzt mit der Aufstellung des B-Planes für das Berufsbildungs- und Technologiezentrum Lahn-Dill am Dillufer, wie damals für die Technische Hochschule in der Spilburg, für gute Rahmenbedingungen.
Aber auch Punkt 3., die Teilhabe der Menschen an Kultur und Sport, mit der Unterstützung unserer Vereine und der Förderung der Integration, als Basis einer stabilen Gesellschaft muss im Auge behalten werden.
Wetzlar hat eine lange Geschichte und ein vielfältiges Angebot im Bereich des Sports (mit seinen 80 Vereinen) und der Kultur (u.a. mit den Gesangvereinen und Heimatvereinen in jedem Ortsteil sowie mit einem reichhaltigen Angebot in der Kernstadt.) All dies sind wichtige Bestandteile unserer Identität und tragen zur Lebensqualität bei. Ob Sportstätten, das Rosengärtchen, die Stadthallen oder Bürgerhäuser: Eine breite Palette wird freiwillig unterstützt und unterhalten.
Auch wenn ich mir persönlich wünsche, dass unsere Vereinsförderungen noch intensiviert wird, alles können wir uns leider auch hier nicht leiten. Ist doch unsere Vereinsförderung im Vergleich zu anderen Städten recht gut aufgestellt und mit dem 30.000 € Notfallfond können in notgeratene Vereine kurzfristig unterstützt werden. Zusätzlich hoffe ich, dass die neue CDU geführte Kreisregierung sich auf unsere Vorlagen besinnt und die Wetzlarer Vereine mit in die Förderung aufnimmt. Dass damit zu Ende gebracht wird, was noch wir, die FWG im Lahn-Dill- Kreis, mit der alten Regierungskoalition angestoßen haben.
Der wichtigste Punkt zuletzt: Grundlagen für ein starkes und vielseitig aufgestelltes Gewerbe mit guten und wohnungsnahen Arbeitsbedingungen.
Dieser Punkt unterscheidet uns von vielen anderen Städten. Mit der Förderung von vielseitig aufgestelltem Gewerbe, mit einem breiten Spektrum an Mitarbeitenden, setzen wir das i-Tüpfelchen, das uns von anderen unterscheidet. Es zählt nicht nur der Erhalt, sondern auch die Visionen für neue Siedlungsformen, wie z.B. in Münchholzhausen Nord, wo ein ökologisches Gebiet entsteht, mit zentralen, gemeinschaftlichen Einrichtungen oder im Blankenfeld II. Hier wird sogar eine Kombination aus Wohnen und Arbeiten, mit Nahversorgung und Bildungseinrichtungen, geplant.
Aber auch wir selbst, die Stadt Wetzlar, wird ihre Arbeitsbedingungen für ihre Bedienstete auf einem guten Niveau halten. Von Fortbildung über flexible Arbeitsmodelle und Gesundheitsvorsorge bis hin zum vergünstigten Ticket des ÖPNVs, eine ansehnliche Palette die es nicht kostenfrei gibt.
Wir sind froh, dass der Haushalt nach dem allerersten Entwurf nicht nach dem Rasenmäher-Prinzip gekürzt werden musste, sondern der Magistrat und die Kämmerei mit den Fachämtern und gemeinsam mit uns einen sparsamen und soliden Haushaltsplan erarbeitet hat. Alle beteiligten Parteien haben sich genau überlegt, was unsere Stadt weiterbringt, dem Bürgerwillen gerecht wird und den politischen Vorgaben entspricht. Dazu gehört leider, dass in manchen Bereichen nicht so viel Geld ausgegeben werden kann, wie gewünscht. Ein differenziertes Abwägen war unbedingt notwendig.
Zum Schluss daher einen ganz herzlichen Dank an alle Mitwirkende, dies sich viel Mühe mit dem Haushaltsplan gegeben haben, um den Vorgaben und den Wünschen der Bürger gerecht zu werden. Und die auch weiterhin versuchen möglichst viele Fördergelder für unsere Stadt einzuwerben.
Mein Dank geht darüber hinaus an die Kolleginnen und Kollegen der SVV, mit denen wir in den Ausschusssitzungen konstruktiv zusammengearbeitet haben.
Einen ganz herzlichen Dank, dass erneut ein so stabiler Haushalt aufgestellt werden konnte UND trotzdem die Grundsteuer im Ganzen nicht angehoben werden musste.
Auch wenn der Haushaltsplan nicht in Stein gemeißelt ist und vorrangig auf den Erfahrungen der letzten Jahre beruht (und sich durchaus Änderungen ergeben können, um auf neue, unerwartete Begebenheiten zu reagieren), so berücksichtigen wir damit weiterhin die Ideen der Bürgerinnen und Bürger, denn Ihre Stimmen sind uns wichtig. Nicht nur kurz vor den Wahlen.
Es ist keine Zeit Zweifel zu streuen. Packen wir es an. Sorgen wir dafür, dass sich Einnahmen und Ausgaben die Waage halten und unsere Stadt gut aufgestellt ist. Jetzt liegt es an uns verantwortungsbewusst zu handeln, um einerseits unseren Verpflichtungen nachzukommen, anderseits aber auch um Impulse zu setzen und die richtigen Prioritäten zu verfolgen und flexibel auf neue Situationen zu reagieren. Wir von der Freien Wählergemeinschaft stimmen dem Haushalt mit der Änderungsliste des Magistrats gerne zu und bitten alle Fraktionen um geschlossene Zustimmung.